27 Monate, 8 mal Diagnose Shuntverschluss

Acht mal Shuntverschluss

Innerhalb von zwei Jahren und drei Monaten hatte ich 8 mal einen Shuntverschluss. In Großhadern auf der H7, der Station für Gefäßchirurgie, und im OP-Bereich, kannte man mich bereits mit Namen! In der Notaufnahme sorgte ich für wütende Schwestern. Und einmal wurde ich sogar vom Chirurgen selbst in die Klinik gefahren.

Januar 2015 – der erste Verschluss kam sehr überraschend

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits einige Monate Heimdialyse gemacht. Ich war sicher im Punktieren und die Dialysen liefen ohne Komplikationen ab. Doch von einer Dialyse zur anderen ging nix mehr. Ich punktierte und kein Blut kam. Natürlich war ich total verwirrt, da ich ja sicher den Shunt getroffen hatte. Also rief ich in der Dialyse an und telefonierte mit meiner Ärztin. Sie vermutete einen Shuntverschluss. Das bedeutet, dass der Shunt durch verklumptes Blut komplett verstopft ist und keine Dialyse mehr möglich ist. Ich sollte ins Klinikum Großhadern fahren.

Die Diagnose stand schnell fest

Nachdem dort eindeutig festgestellt wurde, dass mein Shunt tatsächlich verschlossen war, wurde ich zur Operation in der Gefäßchirurgie angemeldet. In der Zwischenzeit bekam ich für die Dialyse,  an der rechten Seite des Halses, einen Shaldon-Katheter  (siehe Bild ).  Die Shuntrevision, also die Wiederherstellung meines Shunts, wurde in Vollnarkose gemacht. Nach der ersten erfolgreichen Dialyse über den „reparierten“ Shunt, durfte ich nach 6 Tagen heimgehen.

Shaldonkatheter ist die Alternative bei einem Shuntverschluss

August 2015 –  folgte der 2. Shuntverschluss

Nur 7 Monate hatte der freigeputzte Shunt gehalten. Ich fuhr also wieder in die Notaufnahme, denn mir war ja klar was los war. Der Anästhesist wählte dieses Mal einen sogenannten „Block“ oder richtiger eine Regionalanästhesie. Dabei werden die Nerven ab der Schulter quasi ausgeschaltet. Zusätzlich bekam ich etwas zum dahin schlummern. Nachdem alles erledigt war, wurde ich zur Überwachung auf die “Nierenstation” verlegt. Dort sollte auch gleich eine Dialyse gemacht werden.

Noch einmal Glück gehabt!

Da ich extreme Rückenschmerzen vom Liegen auf dem OP-Tisch hatte, bekam ich ein ziemlich starkes Schmerzmittel. Davon gingen nicht nur die Schmerzen weg, sondern auch mein Blutdruck runter. Als ich dann an der Dialyse hing, fiel ich in einen kritischen Zustand. Der Blutdruck war auf 40 zu 0 gesunken. Ich war kaum noch ansprechbar. Die Pfleger, Schwestern und Ärzte legten mich in Schocklage und pumpten sämtliches Zeug in mich hinein. Es ging schon fast zu wie bei einer Wiederbelebung. Bis ich wieder stabil war, verging einige Zeit. Mein Mann wurde hinausgeschickt.  Im Nachhinein erzählte er mir, dass er ganz schön Angst um mich hatte. Ich selber hatte es in der Situation gar nicht als so schlimm empfunden wie es wohl war.

Mein Körper brauchte jetzt einfach Pause

Nach dieser ganzen Aktion konnte ich aber nichts anderes als schlafen. Matthias war zwar noch bei mir, aber ich schaffte es kaum mehr mich zu unterhalten. Mein Körper war so voll gedröhnt mit Mittelchen, dass er einfach Ruhe brauchte. Erst nach einiger Zeit ging es mir wieder gut. Dann konnte auch wieder ganz normal Dialyse gemacht werden. Nach einer Woche konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen.

Dezember 2015 – hatte ich den 3. Shuntverschluss

Diesmal hielt der Shunt nur noch 4 Monate und wieder fuhr ich nach Großhadern in die Notaufnahme. Auch dieses Mal erhielt ich wieder einen Block, durfte aber, auf meine Bitte hin, wach bleiben. Über einen Monitor, konnte ich die ganze OP mit verfolgen. Nebenbei lief Metallica. 🙂 Es war tatsächlich wie in einem Film. Zu sehen, wie mein Arm und mein Shunt von innen aussieht, war mega spannend und ein einzigartiges Erlebnis. Viele haben mich gefragt, wie ich da nur zuschauen konnte. Ich fand es viel zu interessant um wegzuschauen. Die nächste Dialyse war erst am Abend des folgenden Tages und lief deutlich besser als beim letzten Mal. Nach fünf Tagen wurde ich entlassen.

Januar 2016 – der 4. und 5. Verschluss

Diese beiden Shuntverschlüsse wurden in der Angiologie im Campus Innenstadt von Großhadern „repariert“. Dabei wurden eine Rotationsthrombektomie sowie eine Ballondilatation durchgeführt. Durch eine Schleuse wird ein Schlauch in den Shunt eingeführt. Dieser hat an seiner Spitze eine Art Rotor mit eingebautem Staubsauger. Damit kann der Arzt das Koagel, also das verklumpte Blut, quasi wegfräsen und absaugen.

Danach wurde das Gefäß durch einen kleinen Ballon auf gedehnt. Gleichzeitig wurde an dieser Engstelle ein Stent eingesetzt. Dieser sollte die Verengung, die sich an der Anschlussstelle von Vene zum Shunt gebildet hatte, offen halten und den nächsten Shuntverschluss verhindern. Leider hielt dieser erste Stent nur 2 Tage. Ich kam also nach ein paar Tagen noch einmal in die Angiologie und wieder wurde das gleiche Prozedere wurde durchgeführt.

Die Stent- Technik rettet auch Leben

Stents werden auch häufig in der Kardiologie verwendet. Hat man einen Herzinfarkt, liegt das oft an einer Gefäßverengung oder gar einem kompletten Verschluss. Durch den Stent wird diese/dieser behoben und das Blut kann wieder ungehindert durch das Herz fließen. Ein Stent ist aber ein Fremdkörper für den Organismus.

Das hat den Nachteil, dass an ihm Blutplättchen hängen bleiben können und somit ein neuer Verschluss des Gefäßes droht. Um dies zu verhindern, muss man für die Dauer eines Jahres Blutverdünner nehmen. In dieser Zeit hatte ich einen Haufen blauer Flecke. Jedes Mal wenn ich mich irgendwo stieß, bildete sich ein Neuer. Ich sah aus, als würde ich täglich verprügelt werden. Aber das muss man in Kauf nehmen – was ist schon ein blauer Fleck gegen einen Gefäßverschluss!

Juli 2016 – der 6. Shuntverschluss

Immerhin hielt die letzte Aktion sieben Monate. Nun war der Shunt aber so kaputt, dass er zu Teilen entfernt werden musste. Dies geschah in Vollnarkose, davor erhielt ich leider wieder einen Sheldon-Katheter für die Dialyse. Der Loop, also die Schlaufe im Unterarm, wurde komplett entfernt und die Strecke von der Ellenbeuge zur Schulter wurde verlängert.  Es lief vorerst alles gut, so dass ich nach 5 Tagen heim konnte.

nach dem Shuntverschluss wurde eine neue Strecke gelegt

Mein erster Shuntinfekt

14 Tage später war ich allerdings wieder auf Station, meine Wundnaht hatte sich schwer infiziert. Die Ärzte entschieden sich dafür, mir hochdosiertes Antibiotika zu geben und eine Vac-Pumpe einzusetzen, um so meinen Shunt zu retten. Du musst wissen, wenn sich ein Fremdkörper wie der Shunt in deinem Körper infiziert, ist es meist so, dass man ihn entfernen muss.

Bei der Vac-Pumpe wird ein offenporiger Schaumstoff auf die Wunde gelegt und das Ganze durch eine Folie luftdicht abgeklebt. Von diesem Schaumstoff aus,  führt ein Schlauch in eine Pumpe und einen Auffangbehälter für das Wundsekret. Die Pumpe erzeugt eine Art Unterdruck, der dafür sorgt, dass die Wundflüssigkeit vermehrt abgesaugt wird, sich die Wundränder besser verschließen und die Wunde insgesamt etwas besser verheilt.  

Der Schaumstoff muss dabei alle paar Tage gewechselt werden, das alles geschah bei mir in Vollnarkose. Insgesamt waren es zwei Wechsel. Dann konnte die Pumpe endliche entfernt und die Wunde zusammengenäht werden. Diesmal nähten die Ärzte besonders üppig zu, damit eine weitere Infektion verhindert wurde.

Januar 2017 – der 7. Shuntverschluss

Wie das mit den Operationen und so abläuft, weißt du ja schon. Jetzt möchte ich einmal den Ablauf in der Notaufnahme genauer beschreiben. Nachdem du dich nämlich angemeldet und dein Problem beschrieben hast, musst du warten bis du aufgerufen wirst. Dann bekommst du kurz einen Arzt zu sprechen und dann eine Krankenschwester oder einen Krankenpfleger zu Gesicht. Die arbeiten immer nach demselben Schema. Ich nehme an, das ist ihnen so vorgeschrieben. Erst Blutdruck und Fieber messen, dann Blutabnehmen und gleichzeitig einen Zugang legen, also eine Nadel über die dann Infusionen, Narkose usw. laufen kann.

Rebellion in der Notaufnahme

An der Stelle habe ich mich dann immer geweigert. Blutabnahme ok, aber einen Zugang legen NEIN. Erstens ist es bei mir wirklich schwer eine geeignete Stelle für einen Zugang zu finden. Ein Pfleger hat es einmal tatsächlich schon 11 Mal versucht, bevor er selber eingesehen hat, dass es nichts wird. Zweitens habe ich ganz schlechte Gefäße, so dass ein Zugang selten länger bei mir hält. Im Schnitt genau 48 Stunden. Und drittens wusste ich außerdem, dass die Anästhesisten im OP die Zugänge meist viel besser legen als die Herrschaften in der Notaufnahme. Man möge mir diese Ansicht verzeihen, aber sie beruht auf meinen eigenen Erfahrungen.

Wütende Krankenschwestern drohen gerne

Die Schwestern und Pfleger haben immer gleich reagiert: „Das sag ich dem Arzt“, „Das schreib ich in ihre Akte“, „Dann können sie nicht behandelt werden“ und so weiter. Es fehlte nur noch „Dann bist du nicht mehr meine Freundin“. Es ging zu wie im Kindergarten.

Ganz abgesehen davon, dass ich den Zugang für meine Behandlung, also die Shuntrevision, immer erst im OP selbst gebraucht habe, darf ich doch bitte schön selbst über meinen Körper bestimmen. Ich bin ein erwachsener Mensch, der noch dazu durch die Heimdialyse einige Kenntnisse über medizinische Belange hat. Ich habe mich trotz Drohungen nicht auf einen Zugang eingelassen und komischerweise, ist nie etwas passiert. Kein Arzt hat etwas gesagt und jede Operation hat stattgefunden.

Patientenrechte gibt es wirklich!

Du siehst also, du hast durchaus Rechte als Patient. Du musst nichts mit dir machen lassen, was du nicht willst. Frag nach, wenn du unsicher bist. Lasse einen Arzt holen und es dir noch einmal erklären. Selbst wenn dir gedroht wird, keiner hat das Recht dazu, dir eine Behandlung zu verwehren, nur weil du ein mündiger Patient bist. Wo würden wir den dahin kommen. Ich habe auf die Drohungen immer nur gesagt: „ Ist recht, können Sie machen, schreiben Sie es in meine Akte, sagen Sie es dem Arzt, ich nehme trotzdem keinen Zugang“ Meistens war dann auch Ruhe. 😉

Die Gefäßchirurgie – Station H7

Auf der Gefäßstation H7 in Großhadern war ich mittlerweile schon bekannt. Ich fand das nicht so schlimm. Es gab mir eine ganze Menge Sicherheit. Ich wusste wie es auf dieser Station ablief. Welche Pfleger und welche Schwestern gut drauf waren (eigentlich sowieso alle) und wo ich welche Hilfe bekam. Ich möchte hier also eine Lanze brechen. Die Gefäßstation von Großhadern mit dem Stationsleiter Herrn Hahn, ist eine der menschlichsten die ich kenne und ich fühlte mich dort immer super aufgehoben. Und auch über die Ärzte dort kann ich nur vieles positives sagen.

Als Patient sollte man sich außerdem einmal klar machen unter welchen Bedingungen (Personalnot, schlechte Bezahlung etc.) diese Menschen jeden Tag ihren Job machen. Und dann sollte man einfach nur dankbar sein, dass es diese Menschen gibt!

Zum Schluss noch eine kuriose Anekdote

Beim vierten Shuntverschluss wurde ich ja in der Innenstadt operiert. Da ich aber in Großhadern mein Bett hatte, musste mich der Krankentransport hin und her fahren. Selbst fahren ist natürlich aus versicherungstechnischen Gründen nicht erlaubt. Am geplanten Tag der OP kam schon mal gar kein Transport für mich. Einfach alle ausgebucht!

Ein Taxi konnte ich auch nicht nehmen, weil es immer wieder Ärger mit der Kostenübernahme der Krankenkasse gab. Die Taxifahrer wissen das und nehmen dich deshalb nicht mit. Also wurde die OP auf den nächsten Tag verschoben. Auch am nächsten Tag wartete ich ewig auf den Transport. Bis es dem Oberarzt zu bunt wurde. Er fuhr mich in seinem privaten PKW selbst zur Operation.

Das führte natürlich zu massiver Erheiterung auf der Station. Die Schwestern machen sich ein Spaß daraus zu fragen, wohin der Dr. den heute mit mir fahren sollte. Natürlich haben wir alle darüber gelacht. In Wirklichkeit ist es aber sehr traurig und erschütternd, dass ein Patient in München privat von einem Arzt zu einer OP gefahren werden muss, weil es nicht genügend Krankentransporte gibt! Es handelte sich schließlich nicht um eine Schönheits-OP, sondern um eine lebenswichtige Operation.

Von meinem achten und letzten Shuntverschluss erzähle ich euch in dem Beitrag “Letzter Ausweg – Demerskatheter”, da dieser eine größere Veränderung mit sich brachte.

Deine Sandra
Soziale Medien

11 Kommentare

    1. Hallo Rebecca,
      da mein Nierenversagen direkt durch die Herztransplantation verursacht wurde und es noch viele andere Probleme gab, war PD für mich auch gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Ich weiß die Hämodialyse schaut horrormäßig aus, aber nach einer Zeit hast du dich daran gewöhnt. Die Möglichkeit es daheim zu machen, war da sehr hilfreich. Ich hoffe ich komme nie wieder an die Dialyse, aber wenn ja schau ich mir natürlich auch die Möglichkeiten einer PD an. Mal sehen was das Leben noch so bringt.
      LG Sandra

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  4. An die Sache mit dem Blutdruckabfall kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich würde sogar sagen; ich denke da bestimmt einmal die Woche dran.

    Sandra war, wie ich später feststellte, auf der Station auf der zwei Jahre später die Transplantation durchgeführt wurde und ich erkannte später einige Gesichter wieder.
    Ich möchte an dieser Stelle auch nochmal den Menschen von Station H5 in Großhadern danken. Sie sind einfach toll!!!!!

    Es war schon eine schreckliche und vor allem für mich hilflose Situation. Mit anzusehen wie die Maschine pumpt und der Wert 40 zu irgendwas kommt… dann das nächste pumpen, 30 zu xx, dann 20 zu xx und die Pfleger und Schwestern immer hektischer werden. Bis jemand sagt „Blutdruck ist nicht mehr messbar!“ .
    Da läuft es mir schon beim Schreiben wieder eiskalt den Rücken runter.Aber letztlich ist alles gut gegangen. Und nur darauf kommt es an.

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