2 Jahre nach Nierentransplantation – ein Fazit

2 Jahre Nierentransplantation

Am 02. August 2019 ist unsere Nierentransplantation genau 2 Jahre her. Zeit ein Fazit zu ziehen.

2 Jahre Nierentransplantation

Ein Auf und Ab im ersten Jahr

Ich hatte ja schon öfter geschrieben, dass ich gleich nach der Nierentransplantation massive Wassereinlagerungen – Ödeme – hatte. Nach der überstandenen Nierenbeckenentzündung im November 2017, waren diese das Hauptproblem. Die Ärzte verschrieben mir verschiedene Diuretika und hofften das Ganze so in den Griff zu bekommen. Leider schoss dadurch mein Kreawert in die Höhe. Das heißt die Nierenfunktion wurde schlechter. In Folge dessen war ich wöchentlich Gast in der Transplantationsambulanz.

Die Zusammenstellung der Diuretika – Entwässerungsmittel – wurde bei jedem Termin verändert. Mal gab es HTC mit Torasemid, mal Spironolacton mit Torasemid, mal HTC allein, mal alle drei zusammen. Es war ein einziges “Ausprobieren”. Zwar waren die Ödeme mit dem HTC deutlich weniger, dafür waren die Nierenwerte deutlich am schlechtesten. Aber auch Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen machten mir schwer zu schaffen. Als weiteres Problem kam dazu, dass mein Kaliumspiegel deutlich zu tief war. Gerade für Herzpatienten ist dies ein NoGo! Egal welche Kombi ausprobiert wurde, keine brachte die richtige Lösung.

Meine Psyche litt extrem

Dieses dauernde hin und her machte mich total irre. Ich pinkelte jeden Tag in Messbecher um zu sehen was herauskam und ich protokollierte ganz genau was ich trank. So konnte ich sehen ob Ein- und Ausfuhr passten. Ich stellte mich auf die Waage, um auch dort zu kontrollieren ob sich irgendetwas positiv auswirkte. Ich war in Panik ob der Kreawert bei der nächsten Blutabnahme wieder schlechter war als vorher. Und ich hatte richtig Angst vor einer weiteren Abstoßung.

Vor den wöchentlichen Terminen in der TX-Ambulanz konnte ich mega schlecht schlafen. Ich hatte auch das Gefühl, das mein Körper sich innerhalb einer Woche gar nicht auf die neuen Medikamente einstellen konnte. Trotzdem wechselten die Ärzte diese ständig durch. Insgesamt hatte ich das Gefühl langsam zum Psycho zu werden. Drei Tage vor Weihnachten führte das Ganze dazu, dass die Ärzte meinten, ich müsste stationär aufgenommen werden, wenn der Kreawert sich nicht besserte.

Ich übernahm die Verantwortung für mich

Ein entspanntes und freies Leben war nicht mehr möglich. Ich verbrachte Weihnachten 2017 mit der ständigen Angst wieder ins Krankenhaus zu müssen. Und so traf ich schließlich die einzig richtige Entscheidung: Ich erklärte den Ärzten, dass ich nicht mehr mitmachte. Ich hatte vor meiner Herztransplantation auch schon Torasemid genommen und kam damit gut klar, so dass ich nur noch diese nehmen wollte. Die Ärzte erklärten sich seltsamerweise sofort einverstanden.

Ich trug Kompressionstrümpfe nach der Nierentransplantation
medizinische Kompressionsstrümpfe

Zusätzlich holte ich mir bei meinem Hausarzt ein Rezept für medizinische Kompressionsstrümpfe. Ich weiß, nicht schön, aber extrem hilfreich. Und ich ließ mir Lymphdrainage verschreiben, die ebenso hilft. Ich ließ alles messen und wiegen sein und versuchte erst einmal wieder entspannt zu werden. Das dauerte natürlich seine Zeit, aber es gelang mir schließlich.

Ich lernte meinem Körper wieder zu vertrauen

Das war mein Ziel und dies brachte schließlich auch den Erfolg. Die Ödeme verschwanden langsam und die Kreawerte erholten sich gut. Ich schwanke zwischen 0,9 und 1,2. Damit bin ich mehr als zufrieden. Das Torasemid nehme ich bis heute. Wenn ich es ganz weg lasse, habe ich sofort dicke Beine und Hände. Trotzdem versuche ich das Mittel langsam zu reduzieren. Seit zwei Wochen bin ich von 70 mg auf 50 mg täglich runter. Die ersten zwei, drei Tage waren vermehrt Wassereinlagerungen zu sehen, jetzt normalisiert es sich langsam. Ich hoffe, das ich noch mehr reduzieren kann.

Natürlich habe ich das mit meiner Kardiologin und Nephrologin abgeklärt. Der Vorschlag dazu, kam aber von mir. Ich will damit sagen, dass man nicht immer Ja und Amen zu den Handlungen der Ärzte sagen muss. Es schadet nicht kritisch zu hinterfragen und auch mal einen anderen Weg zu gehen. Für mich ist es seit der Nierentransplantation tatsächlich extrem wichtig geworden auf meinen Körper zu hören und entsprechend zu handeln. Das erfordert natürlich Übung, aber es lohnt sich. Warum erzähle ich euch im nächsten Abschnitt.

Nach der Nierentransplantation überschätze ich meine Kräfte extrem

Nach der Nierentransplantation, war mein Energielevel plötzlich auf 1000%. Ich konnte Dinge leisten, die ich vorher nicht konnte. Zum Beispiel um 5.30 Uhr in der Früh aufstehen und Yoga machen. 5 km schnelles gehen oder auch einfach den gesamten Haushalt auf einmal erledigen. Ich habe mich richtig gut gefühlt – wie die Gallier nach Miraculix´s Zaubertrank. Doch mit der Zeit bekam ich die Quittung dieser Überforderung. Denn nur weil etwas geht, heißt es ja nicht, dass es gut ist.

Ich bekam vor allem Migräneanfälle und Schmerzen in der Leiste (dort wo die neue Niere jetzt liegt). Außerdem war die Niere oft “beleidigt” und reduzierte ihre Arbeit. Immer wenn ich viel auf den Beinen und unterwegs war, konnte ich nur wenig pinkeln. Mit der Zeit lernte ich aber, auf meinen Körper zu hören. Teilte mir ein was ich machen wollte. Legte bewusst die Füße hoch, um meinem Körper zwischendrin Ruhe zu gönnen. Das alles hat sich bewährt. Heute geht es mir damit ganz gut. Diese totalen Eskalationen habe ich zwar noch, aber nur noch selten.

Mein Leben zwei Jahre nach der Nierentransplantation

Ich fühle mich gut und weiß worauf ich achten muss. Ich kann einem 450 € Job nachgehen und versuche in meine Freizeit mehr Bewegung einzubauen. Vor allem Yoga und Wandern macht mir großen Spaß. Leider habe ich immer noch Übergewicht und wenig (Muskel-)Kraft. Aber daran arbeite ich. Ich habe außerdem die Kraft diesen Blog zu schreiben und mich ehrenamtlich im Bundesverband der Organtransplantierten e.V. zu engagieren. Beides bedeutet mir sehr viel.

Wandern in Bayrischzell

Insgesamt geht es mir viel besser als an der Dialyse. Trotzdem habe ich angefangen eine Therapie zu machen. Es ist mir wichtig die Traumata der letzten Jahre zu verarbeiten, bevor ich vielleicht damit nicht mehr klar komme. Sich dabei Hilfe zu holen kann nicht schaden, im Gegenteil, es fühlt sich richtig und gut an.

Und der Spender?

Auch Matthias, der mir diese Niere gespendet hat, ist weitgehend ohne Probleme. Er ist vielleicht ein bisschen eher erschöpft als früher, aber insgesamt geht es ihm sehr gut. Bereut haben wir diesen Schritt zur Nierenlebendspende nie und auch unsere Beziehung leidet nicht darunter. Es ist wichtig dass man sich vorher über alles Gedanken macht und darüber redet. Man sollte dabei auch wirklich kein Blatt vor den Mund nehmen. Wenn alles ausgesprochen ist, wird sich die Nierenlebendspende auch nicht negativ auf die Beziehung des Spenders und Empfängers auswirken.

Und nun?

Ich werde hier noch über viele Themen schreiben. Schließlich fängt mein Leben als Herz- und Nierentransplantierte jetzt erst richtig an!

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2 Kommentare

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